Führerschein in Spanien - gar nicht so einfach!

09.07.2008 - Isabelle Birambaux - Journalistin 

Als ich mich vor zwei Jahren endlich dazu entschloss, den Führerschein zu machen, habe ich gedacht, dass ich die Angelegenheit recht schnell über die Bühne bringen würde und bald mit dem Auto zu meiner, damals außerhalb von Madrid gelegenen Arbeitsstelle fahren könnte. Von wegen! Inzwischen habe ich bereits zwei Mal die Arbeitsstelle gewechselt, meinen Führerschein erhielt ich jedoch erst vor kurzem.

Vor zwei Jahren hatte ich keine Angst vor Prüfungen – nach fünf gescheiterten Versuchen, den Führerschein in Madrid zu erwerben, habe ich nun erfahren, was Prüfungsangst heißt. Vor zwei Jahren hatte ich keine Angst, Auto zu fahren – heute kämpfe ich mit der dadurch entstandenen Unsicherheit. Leider ist es ein geringer Trost zu wissen, dass dies keine Ausnahme, sondern vielmehr der Regelfall ist. Viele Fahrschüler, die in Madrid gescheitert sind, trifft man mehrmals zur Fahrprüfung in Mostoles wieder. Darunter befinden sich sogar einige Ausländer, die bereits jahrelange Fahrpraxis sowie einen gültigen Führerschein ihres Heimatlandes vorzuweisen haben. Dennoch sind auch sie nicht vor dem Scheitern gefeit. Viele von ihnen erleben die gleiche Verzweiflung, die gleiche Frustration und die gleichen Tränenausbrüche wie die einheimischen Fahrschüler.

Die spanische Schriftstellerin Luxia Etxebarria hat den "Führerschein als großen Betrug" bezeichnet und dem Thema sogar eine eigene Blogseite gewidmet (http://www.lucia-etxebarria.com/diario/?p=401). Dort gesteht sie, auch im Alter von 40 Jahren noch über keinen Führerschein zu verfügen. Und sie zeigt die Ursachen dieses Mankos auf: Der Führerschein sei eine Abzockerei, sagt sie. Auch denkt sie darüber nach, einen Verein für die Opfer der Fahrschulen zu gründen. Laut Etxebarria koste ein Führerschein im Durchschnitt in Madrid 3 000 Euro und 2 500 Euro in Zaragoza. Hingegen erhalte man diesen in den Vereinigten Staaten schon ab 50 Dollar. Die Höhe der Kosten eines Führerscheins in Madrid kann ich aufgrund meiner eigenen Erfahrung bestätigen: Meiner hat mein Konto um 2 800 Euro leichter gemacht.

Als ich das erste Mal durch die Fahrprüfung gefallen bin, habe ich alles noch positiv und gelassen gesehen. Damals wunderte ich mich noch über die vielen gestressten Fahrschulprüflinge. Nach dem dritten Mal habe ich allerdings angefangen, mir die ersten Fragen zu stellen. Hinzu kam, dass viele meiner ausländischen Freunde sehr verwundert über meine mangelhaften Fähigkeiten im Autofahren waren. Als ich ihnen dann erzählte, warum ich zum zweiten Mal durchgefallen bin, mussten sie herzlich über mich lachen. Mit Humor musste ich mein zweites Scheitern als eine lustige Anekdote betrachten, da ich nämlich beide Male wegen eines sogenannten Doppelstopps durchgefallen bin. 

Wer niemals eine Fahrschule in Spanien besucht hat, kann mit diesem Begriff höchstwahrscheinlich wenig anfangen. Und genauso erging es auch mir. Ich begriff am Anfang nicht ganz recht, was dieser verdammte Doppelstopp genau war und wozu er diente. Hier die Auflösung: Ein Doppelstopp bedeutet, dass man einmal am Stoppzeichen hält und dann noch ein zweites Mal auf Höhe der Straße, wenn man keinen freien Blick hat. Das Problem mit diesem Doppelstopp ist, dass er hier zwingend ist, so wie eine rote Ampel. Mit der Zeit habe ich dann wohl verstanden, was man von mir verlangte. 

Bei der zweiten Fahrprüfung bin ich dieser Anweisung streng gefolgt und habe ganz brav in der Mitte der Strasse angehalten, um die Autos vorbeifahren zu lassen. Durch diese Prüfung bin ich trotzdem durchgefallen, trotz ausgeführten Doppelstopps. Der Grund hierfür lag diesmal darin, dass ich nicht lange genug in der Mitte der Strasse gewartet hatte, um ein Auto vorbei zu lassen, das in weiter Ferne angefahren kam.

Beim zweiten Mal hätte ich eigentlich die Fahrschule wechseln müssen und die Fahrprüfung außerhalb von Madrid machen sollen. Aber man wird bequem und lässt sich einreden, dass es einfacher ist, es noch einmal in der Stadt wo man lebt zu versuchen. Jetzt weiß ich, dass es ein Trugschluss war; ich hätte mir Urlaub nehmen müssen, um die Prüfung irgendwo anders zu machen. Viele bekannte spanische Persönlichkeiten wählen hierfür Cuenca, eine Kleinstadt, die ungefähr 160 km entfernt von Madrid liegt. 

Die spanischen Zeitungen El País und El Mundo haben sogar Berichte über die "Fahrschule der Berühmten" veröffentlicht. Laut dieser Reportage kann man in Cuenca den Führerschein innerhalb von zwei Wochen beim ersten Anlauf schaffen. Das Geheimnis läge wohl an die Lehrmethode der Schule, die ein intensives Training anbietet.

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