HINTERGRUND: Spanien fehlt Transparenz

20.12.2010 - Stefanie Claudia Müller 

An Spaniens Küste ist schon lange nicht mehr alles Gold, was glänzt. Nicht nur unfertige Bauprojekte und “se vende”-Schilder verunschönen den Ausblick aufs Meer, auch die unsauberen Methoden der Banken und Sparkassen wie zum Beispiel der Caja de Ahorros del Mediterráneo (CAM) im Umgang mit ausländischen Investoren hinterlassen ein schlechtes Bild. “Was wir mit der CAM erlebt haben, ist skandalös”, sagt Werner Meusch, Besitzer einer für 250 000 Euro im Jahr 2003 gekauften Wohneinheit aus dem inzwischen insolventen Projekt der Berliner Bau Projekt La Siesta GmbH in Denià.

Die CAM finanzierte dieses mit 12 Millionen Euro, bleibt jedoch bis heute den 50 Käufern und dem deutschen Insolvenzverwalter grundlegende Auskünfte zu den Fragen nach erfolgter Darlehenskündigung , Darlehensständen etc. schuldig. "Letztlich liegt der Verdacht nahe, dass aufgrund der Immobilienkrise in Spanien die CAM keine Entscheidungen treffen will, die sich unter Umständen auf ihre Bilanzen auswirken könnten", sagt Insolvenzverwalter Tobias Hohmann.

Obwohl sich Spaniens Finanzsystem bis 2006 eigentlich vorbildlich mit Provisionen für den Crash des Immobilienmarktes vorbereitet hat, muss jetzt vieles in der Buchhaltung der Banken und Sparkassen in Frage gestellt werden. Der Spanier Borja Mateo hat die Bilanzen der spanischen Banken, inzwischen wegen der vielen Pleiten von Bauträgern und Hausbesitzern die größten Immobilienbesitzer des Landes, im Detail untersucht: “Die Finanzinstitute bieten Hypothekennehmern, die ihren Tilgungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen können, dass sie diese aussetzen für eine Zeit und dass die Bank ihnen für die verbleibenden Zinszahlungen einen Kredit gibt.

De facto müßte diese Hypothek jedoch als Ausfall verbucht und Provisionen dafür gebildet werden, das wird aber nicht gemacht.” Der Finanzanalyst, der derzeit in London arbeitet, schätzt in seinem gerade veröffentlichten Buch “La verdad sobre el mercado inmobilario español” (Die Wahrheit über den spanischen Immobilienmarkt), dass durch diese nirgendwo auftauchenden ausgesetzten Tilgungszahlungen der Kreditausfall schon bei 10 Prozent und nicht bei den offiziell genannten 5,2 Prozent läge. Würden die spanischen Banken diese de facto-Kreditausfälle als solche buchen, müßten sie die daran als Garantie gekoppelten Immobilien zwangsversteigern.

„Wären alle diese Wohnungen und Häuser auf den eh schon völlig schwachen Käufer-Markt gekommen, dann wäre der Wert von Immobilien in Spanien im laufenden Jahr nicht um 5 Prozent gesunken, wie es das spanische Statistikamt INE angibt, sondern um 30 Prozent“, glaubt Mateo. Offiziell führen die spanischen Finanzinstitute Immobilien-Aktiva im Wert von 60 Mrd. Euro in ihren BIlanzen Dieser mü?te bei einem erneuten deutlichen Einbruch des Marktes stark berichtigt werden.
Während Mateo früher oder später aufgrund dieses Finanzlochs mit einem „bailout“ für Spanien rechnet, erwartet Manuel Romero von der spanischen Business School IE, „dass einige Sparkassen und Banken im kommenden Jahr in eine sehr schwierige Situation kommen werden.”

Der Co-Direktor des US-Forschungsinstituts CEPR, Mark Weisbrot, glaubt, dass damit das dicke Ende für Spaniens Wirtschaft noch kommt: „Der Anteil der Bauindustrie am Bruttoinlandprodukt ist viel größer als in den USA, deswegen rechnen wir mit viel schlimmeren Konsequenzen“. Spanien muss einen Gang zulegen bei der Offenlegung des genauen Ausmaßes der Finanz- und Immobilienkrise, will es vermeiden, dass das eintritt, was Matthias Meindel von der Concept Hausbau AG, der als Investor und Berater in Spanien tätig ist, befürchtet: „Es wird derzeit in der Presse berichtet, dass die irischen Banken falsche Daten weitergegeben haben und ich denke, wir werden dieselben Schlagzeilen schon bald über spanische Banken lesen. "

Solche Ansichten verbreiten sich derzeit rasant schnell über das Sonnenland und sorgen auch für Nerviosität an den Finanzmärkten. Nicht angekündigte Arbeitsniederlegungen der Fluglotsen, die einen Ausnahmezustand zu Folge haben und eine verantwortungslose Opposition, die daraus auch noch versucht, wahlpolitisch Profit zu schlagen, leisten das Übrige: Spanien gerät trotz seiner großen Sporterfolge im auslaufenden Jahr 2010 immer mehr ins Abseits.

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