AUSBILDUNG in Spanien: Schulunterricht zu Hause ist möglich

25.11.2007 - Clementine Kügler 

Zwar gibt es ein Schulpflicht in Spanien, aber ob diese Schule zu Hause stattfinden kann oder nicht, darüber sagt das Gesetz nichts. Mithin ist es einer Gesetzeslücke zu verdanken, dass rund 1000 Familien in Spanien ihre Kinder zu Hause unterrichten, eine Möglichkeit, die in Deutschland untersagt ist.

Artikel 27 der Spanischen Verfassung von 1978 sagt im 4. Punkt: „die Grundausbildung ist obligatorisch“. Im Weiteren wird der Unterricht („enseñanza“) immer auf Schule bezogen, aber nicht ausdrücklich formuliert. Es wird nicht festgelegt, dass es sich um autorisierte Zentren handeln muss. Die Initiativen, die das homeschooling praktizieren, sprechen von „escolarización en el hogar“, der Schule zu Hause.

Das Ministerium für Erziehung und Wissenschaft verweist auf das Ley Orgánica de Educación vom 3. Mai 2006, das die „obligación de escolarización“ vorschreibt und einen Abriss der „Schulpflicht“ in Spanien gibt: Sie besteht seit 1857 und wurde 1964 erweitert für Sechs- bis 14-Jährige. Die Grundausbildung ist Pflicht, gratis und umfasst zehn Jahre „escolaridad“.

Azucena Caballero von der Asociación Libre Educación (ALE) behauptet, dass homeschooling kein Delikt ist. Das Erziehungsministerium sagt dagegen, mit Verweis auf das oben genannte Gesetz, wenn die Kinder keine Schule besuchen, verstoßen die Eltern gegen das Gesetz. Eine Reportage in „Crónicas“ im zweiten spanischen Fernsehen begleitete mehrere meist ausländische Familien, in denen die Eltern ihre Kinder unterrichteten. Sie haben die Kinder offiziell von der Schule abgemeldet und ihren Erziehungsauftrag angemeldet.

Laut Erziehungsministerium ist das nicht erlaubt und es läge in der Kompetenz der Regionalregierungen, dagegen vorzugehen. Der Ombudsmann des spanischen Volkes hat sich für das homeschooling als Zeichen für die Vielfältigkeit der spanischen Gesellschaft ausgesprochen. Laut ALE haben diese Kinder mehrere Möglichkeiten, ihre Schulausbildung nachzuweisen und einen offiziellen Abschluss zu machen: unter anderem können sie sich mit 15 in die normale Schule eingliedern, bestehen das letzte Pflichtjahr der Enseñanza Segundaria Obligatoria und haben den Titel. Wer mit 16 Jahren einen Arbeitsvertrag vorweisen kann, kann die Examen ESO freiwillig machen. Zahlen über den Anteil von Kindern, die bei diesen Prüfungen durchfallen oder die Noten, die sie erreichen, liegen nicht vor.

Studien im Ausland haben jedoch gezeigt, dass die zu Hause erzogenen Kinder sozial sehr gut eingebunden sind, keinerlei Verhaltensstörungen zeigen und hohe Leistungen erbringen. In Portugal, England, Italien, Frankreich, Belgien und Irland ist homeschooling möglich. Bislang sind in Spanien keine Gerichtsurteile gegen Eltern rechtskräftig geworden, die ihre Kinder zu Hause erziehen. Wohl aber gegen Eltern, deren Kinder einfach nicht zur Schule gehen.

Links:
ALE
Estudio
Ley organica

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