SERIE: Deutsche Rentner in Spanien – Teil 1: Besteuerung von Ruhestandseinkommen

10.10.2012 - Philipp Dyckerhoff 

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Viele Deutsche verbringen ihren Lebensabend in Spanien. Doch das Leben „zwischen“ Deutschland und Spanien bringt so einige Fallstricke mit sich, die teils wenig oder gar nicht bekannt sind. Dazu gehören vor allem die folgenden Themen:

- Besteuerung von Ruhestandseinkommen

- Kranken- und Pflegeversicherung

- Sachversicherungen

- Vermögensübertragung (Erbschaft/Schenkung/Testamentsgestaltung)


Teilweise sind die Regelungen zu diesen Themen komplex und schrecken gerade den Laien davon ab, sich damit zu beschäftigen. Teilweise sind sie aber auch widersprüchlich, zwischen den Ländern nicht abgestimmt oder sie verstoßen sogar gegen geltendes EU-Recht. Es gibt immer wieder Urteile des Europäischen Gerichtshofes mit der Konsequenz, dass entweder Deutschland oder Spanien ihre Gesetze anpassen müssen. All dies trägt zur Verunsicherung bei, und selbst die Sachbearbeiter bei Behörden den jeweiligen Ländern geben immer wieder falsche Auskünfte.

Genauso betroffen sind natürlich Spanier, die ihr Arbeitsleben in Deutschland verbracht haben, den Ruhestand aber wieder hier in Spanien verbringen.

Ziel dieser Artikelserie ist es, mehr Klarheit zu schaffen, damit der Leser einfacher verstehen kann, wo denn nun die eigenen „Baustellen“ sind, und ob es Handlungsbedarf gibt. Letztlich soll damit auch ein Anstoß gegeben werden, diese Themen zu regeln, denn das sich nicht darum Kümmern kann auch überraschende und unangenehme Folgen haben.

Dieser Beitrag befasst sich mit dem Thema der Besteuerung von Ruhestandseinkommen. Deutsche Rentner, die in Spanien leben, also hier Lebensmittelpunkt haben, sind in Spanien voll steuerpflichtig, mit ihrem so genannten Welteinkommen. Diese unbeschränkte Steuerpflicht bedeutet, dass man alle Einkünfte, ganz gleich wo auf der Welt sie bezogen werden, in Spanien in der Steuererklärung angeben muss.

Nun gibt es Einkunftsarten, die in dem Land, aus dem sie kommen, auch der Steuerpflicht unterliegen. Dies ist die so genannte beschränkte Steuerpflicht. Glücklicherweise gibt es zwischen Deutschland und Spanien ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), das dafür sorgt, dass man zumindest bei der Einkommenssteuer nicht in beiden Ländern Steuern bezahlen muss. Bei Schenkungs- und Erbschaftssteuer greift das DBA leider nicht – diese Thematik ist nicht Teil dieses Artikels.

Eine typische Konstellationen für das Einkommen deutscher Rentner sieht so aus:

Staatliche Rente aus der Deutschen Rentenversicherung (DRV)
Andere Renten aus Deutschland: Betriebsrenten, betriebliche Altersvorsorge private Renten, wie Riesterrente, Rürup-Rente
Spanische Renten: Seguridad Social und planes de pensiones
Kapitalerträge aus Vermögen in verschiedenen Ländern

1) Staatliche Rente aus der DRV

Die DRV-Rente ist in Deutschland beschränkt steuerpflichtig. Das bedeutet, dass in Deutschland ein Steuerabzug erfolgt. Dieser war bis vor wenigen Jahren noch bei pauschal 25, ohne Anwendung von Freibeträgen. Das war insbesondere für geringe Renten sehr ungünstig, weil unabhängig von der Höhe der Rente immer der gleiche, recht hohe Steuersatz berechnet wurde. Dagegen wurde geklagt mit der Folge, dass seit einigen Jahren nun für die beschränkte Steuerpflicht die Steuerklasse I angewendet wird, auch ohne Freibeträge. Dadurch wird erreicht, dass der Steuersatz mit dem Renten-Einkommen steigt (progressive Besteuerung, wie in Deutschland und auch in Spanien allgemein üblich). Dies kann für Leute mit höheren Rentenbezügen ungünstiger sein als die frühere Regelung, geringere Renteneinkommen werde steuerlich so besser gestellt.

In Spanien muss man seine DRV-Rente in der Steuererklärung ebenfalls angeben, allerdings wird die in Deutschland bezahlte Steuer auf die spanische Steuerschuld angerechnet (DBA).

Nun ist es leider mit der DRV-Rente noch ein bisschen komplizierter. In Deutschland nämlich war es bis Ende 2004 so, dass nur der so genannte Ertragsanteil von 27 der DRV-Rente dem zu versteuernden Einkommen zugerechnet wurde. Das führte dazu, dass viele Rentner in Deutschland wenig oder gar keine Steuern zu bezahlen hatten. Mit dem Alterseinkünfte-Gesetz, das seit 2005 in Kraft ist, wurde dieser Ertragsanteil erhöht. Für alle, die 2005 bereits in Rente waren, beträgt der Ertragsanteil nun 50 der Rente. Seitdem stieg bzw. steigt der Ertragsanteil jedes Jahr um 2 bis zum Jahr 2020, danach um jeweils 1 bis im Jahr 2040, in dem dann die volle Besteuerung der Rente erreicht sein wird. Das bedeutet konkret, dass beispielsweise jemand, der in 2006 in Rente gegangen ist, 52 Ertragsanteil hat. Für jemanden, der 2012 in Rente geht, beträgt der Ertragsanteil 64. Dieser Ertragsanteil bleibt für den Einzelnen jeweils konstant, hängt also nur vom Jahr des Renteneintritts ab. Für Rentenerhöhungen (falls überhaupt noch relevant in der Zukunft) gilt allerdings die Regel, dass diese mit dem Ertragsanteil des Jahres, in dem die Erhöhung anfällt, besteuert werden. Das könnte im Einzelfall recht kompliziert werden.

Beispiel: wenn wir einen Ertragsanteil von z.B. 64 (2012) haben, dann müssen bei einer Rente von 1.000 Euro nur 640 Euro versteuert werden.

Fraglich ist, ob das spanische Finanzamt den steuerfreien Teil der deutschen DRV-Rente nicht auch besteuern möchte. Zu diesem Thema herrscht Unklarheit, der Autor hat von Steuerberatern widersprüchliche Meinungen dazu bekommen und ist weiterhin um Klärung bemüht.

Viele Rentner, die in Spanien leben und hier ihre DRV-Rente beziehen, haben bisher nie eine Steuererklärung in Deutschland gemacht (beschränkte Steuerpflicht). Immer häufiger passiert es nun, dass deutsche Rentner in Spanien Post vom deutschen Finanzamt bekommen mit einem Steuerbescheid für 2005, in dem 25 Steuer auf die in 2005 in Spanien bezogene Rente erhoben wird. Auch die Folgejahre werden vom Finanzamt in Deutschland abgearbeitet und jeder Rentner in Spanien muss damit rechnen, diese Steuern mit der Zeit nachzahlen zu müssen. Für spätere Jahre dann nicht mehr mit 25 sondern mit dem individuellen Steuersatz gemäss der Steuertabelle der Steuerklasse I wie oben beschrieben.

2) Weitere Renten aus Deutschland

Viele haben aus früheren Zeiten noch eine Betriebsrente, die vom ehemaligen Arbeitgeber bezahlt wird. Weitere Quellen für Renteneinkünfte aus Deutschland sind die staatlich geförderten Altersvorsorgebausteine wie betriebliche Altersvorsorge, Riester-Rente und Rürup-Rente. Viele erhalten auch eine Rente aus privaten Rentenversicherungen. All diese Renten unterliegen verschiedenen Besteuerungsmechanismen in Deutschland und müssen auch in Spanien angegeben werden. Hier gibt es noch viel Unklarheiten, die mit der Zeit gelöst werden sollten. Z.B. musste man früher bei der Riester-Rente die staatliche Förderung zurückzahlen, wenn der Rentenbezug im Ausland stattfand. Dies war aber nicht EU-konform und im September 2009 forderte der Europäische Gerichtshof Deutschland auf , diese Praxis zu ändern.

Es würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, auf die Besteuerung all dieser Varianten einzugehen.

Ein weiterer Hinweis in diesem Zusammenhang: die steuerfreien Auszahlungen aus alten (vor 2005 abgeschlossenen) deutschen privaten Lebens- und Rentenversicherungen (Kapitalwahlrecht) müssen in Spanien versteuert werden! Inwieweit dies EU-konform ist, ist fraglich.

3) Staatliche Rente aus der spanischen Seguridad Social

Immerhin eine gute Nachricht. Hier gibt es keine Besonderheiten für deutsche Rentner in Spanien: die spanische Rente wird in der spanischen Steuererklärung genauso behandelt, wie bei jedem Spanier auch. Das Gleiche gilt für die Bezüge aus den planes de pensiones, den spanischen steuerlich geförderten Altersvorsorgebausteinen.

4) Kapitalerträge aus Vermögen in verschiedenen Ländern

Kapitalerträge müssen alle in Spanien versteuert werden, ganz gleich, in welchem Land sie anfallen. Je nach Art der Kapitalerträge (Zinsen, Dividenden und Kursgewinne) kann es allerdings auch eine Quellenbesteuerung geben: z.B. werden von deutschen Dividenden Steuern vom deutschen Finanzamt einbehalten. Auch diese schon abgeführten Steuern werden über das DBA in Spanien angerechnet. Am einfachsten ist es bei Zinsen: wenn man z.B. in Deutschland den Status des Steuerausländers hat (unbedingt empfehlenswert), wird die Abgeltungssteuer vom deutschen Finanzamt nicht einbehalten.

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