13.06.2025 - Spanien auf Deutsch
In vielen spanischen Familien ist es völlig normal: Die Kinder wohnen auch mit Mitte oder Ende 20 – manchmal sogar über 30 – noch zu Hause. Was für viele Deutsche überraschend klingt, ist in Spanien Alltag. Doch dahinter steckt weit mehr als nur die berühmte enge Familienbindung. Es geht um Mieten, Löhne, Perspektiven – und eine ganze Generation, die sich das Alleinleben schlicht nicht leisten kann.
Spätes Ausziehen: eine statistische Tatsache
Im europäischen Vergleich fällt Spanien deutlich auf: Laut Eurostat liegt das durchschnittliche Auszugsalter in Spanien bei 30,3 Jahren – während der EU-Durchschnitt bei etwa 26 Jahren liegt. Fast 83 % der 16- bis 29-Jährigen leben noch bei ihren Eltern. In Deutschland sind es nur rund 63 %.
Europa-Vergleich: Wer zieht wann aus?
Laut den neuesten Eurostat-Daten (2024) zum durchschnittlichen Alter beim Verlassen des Elternhauses ergibt sich folgendes Bild:
Land | Durchschnittliches Auszugsalter |
---|---|
Schweden | 21,4 Jahre |
Finnland | 21,9 Jahre |
Dänemark | 22,0 Jahre |
Frankreich | 23,5 Jahre |
Deutschland | 23,8 Jahre |
EU-Durchschnitt | 26,4 Jahre |
Italien | 30,0 Jahre |
Spanien | 30,3 Jahre |
Portugal | 30,8 Jahre |
Kroatien | 33,4 Jahre (Spitzenwert) |
➡️ Schlusslicht ist also Kroatien – mit einem Auszugsalter von über 33 Jahren.
➡️ Skandinavien liegt mit rund 21–22 Jahren an der Spitze: Dort ziehen junge Menschen im Schnitt fast 10 Jahre früher aus als in Spanien.
Deutschland liegt mit knapp 24 Jahren deutlich unter dem EU-Schnitt – junge Deutsche starten also früher in die Selbstständigkeit.
Warum ziehen junge Spanier so spät aus?
1. Wohnen ist (fast) unbezahlbar
In vielen Städten – besonders in Madrid, Barcelona, Málaga oder auf den Inseln – sind die Mieten in den letzten Jahren regelrecht explodiert. Gleichzeitig sind die Einkommen junger Menschen kaum gestiegen. Ein Beispiel:
Mit anderen Worten: Wer jung ist und allein wohnen möchte, muss theoretisch sein komplettes Gehalt für die Miete ausgeben – und hätte dann noch nichts gegessen, getankt oder gespart.
2. Unsichere Jobs und niedrige Löhne
Spanien hat weiterhin eine der höchsten Jugendarbeitslosenquoten Europas: Im Frühjahr 2025 lag sie bei rund 25 %. Viele der jungen Menschen, die einen Job finden, arbeiten in befristeten oder schlecht bezahlten Stellen – oft in Gastronomie, Handel oder saisonalen Sektoren.
Selbst mit Hochschulabschluss ist ein fester, gut bezahlter Job keine Selbstverständlichkeit. Viele hangeln sich von Praktikum zu Kurzvertrag – ohne Planungssicherheit oder Kreditchancen.
3. Mangel an sozialem Wohnraum
In Spanien macht der Anteil staatlich geförderter Wohnungen am Gesamtbestand gerade einmal 1 bis 1,5 % aus. Zum Vergleich: In den Niederlanden sind es über 30 %. Für junge Menschen ohne Erbschaft, Rücklagen oder familiäre Unterstützung bleibt der Immobilienmarkt verschlossen.
4. Der Rückhalt der Familie
Natürlich spielt auch die Kultur eine Rolle. In Spanien ist es sozial akzeptiert, lange im Elternhaus zu bleiben. Familienstrukturen sind oft eng, Großeltern helfen bei der Kinderbetreuung, gemeinsame Essen sind Alltag. Doch die wirtschaftlichen Zwänge haben dieses Modell in den letzten Jahren noch verstärkt.
Was bedeutet das für Gesellschaft und Wirtschaft?
Der Trend zum späten Auszug hat spürbare Auswirkungen:
Was tut der Staat?
Die spanische Regierung hat in den letzten Jahren verschiedene Maßnahmen beschlossen:
Doch bisher wirken diese Maßnahmen eher wie Tropfen auf den heißen Stein. Ohne tiefgreifende Reformen in Wohnungsbau, Arbeitsmarkt und Sozialpolitik wird sich an der Lebenssituation junger Erwachsener wenig ändern.
Kommentare (0) :
Sind Sie noch nicht bei uns registriert? Jetzt hier registrieren.
In Spanien kämpfen zahlreiche ländliche Regionen mit Entvölkerung und demografischen Herausforderungen. Um diesem Trend entgegenzuwirken, haben verschiedene Gemeinden und Regionen Initiativen ins Leben gerufen, die Neuankömmlingen finanzielle Unterstützung und weitere Vorteile bieten. Extremadura: Unterstützung für Telearbeiter. .. Artikel weiterlesen
Madrid, die pulsierende Hauptstadt Spaniens, ist bekannt für ihre lebendige Kultur, ihre historischen Wahrzeichen und ihre gastfreundlichen Bewohner. Doch unter der Oberfläche dieser blühenden Metropole lauert eine düstere Realität: die zunehmende Präsenz der Maras, gewalttätiger Banden, die ursprünglich aus Zentralamerika stammen... Artikel weiterlesen
In dem neuesten Bericht von InterNations, der größten Gemeinschaft von Expatriates weltweit, hat Spanien das Podium der besten Städte zum Leben erobert und glänzt dabei mit hoher Lebensqualität, lokaler Gastfreundschaft und Erschwinglichkeit. Die Umfrage, bei der über 12.000 Teilnehmer aus 177 verschiedenen Ländern befragt wurden und in.. Artikel weiterlesen
Die spanische Mietrechtsreform hat in den letzten Jahren erhebliche Änderungen im Bereich der Mietverträge für Wohnungen eingeführt. Diese Reformen haben das Ziel, mehr Stabilität und Sicherheit für Mieter und Vermieter zu schaffen, die Mietkosten zu begrenzen und den sozialen Wohnungsbau zu fördern. Im Folgenden werden die wichtigsten .. Artikel weiterlesen
Die spanische Regierung hat einen Lockerungsplan entwickelt, der in 4 Phasen untergeteilt ist mit folgende Startdaten: Phase 0 ab Montag, 4. Mai, Phase 1 ab 11. Mai, Phase 2 ab 25 Mai und Phase 3 ab 8. Juni. Dennoch schreiten nicht alle Regionen gleich schnell voran, da für einen Phasenwechsel bestimmte Punkte erzielt werden müssen. Jede.. Artikel weiterlesen
Zimmersuche. Wenn man nicht zufällig das Glück hat, im Vorhinein über Bekannte oder vertrauenswürdige Kontakte ein Zimmer in Madrid vermittelt zu bekommen, empfiehlt es sich, erst vor Ort mit der Suche zu beginnen. Man sollte das Zimmer nämlich in jedem Fall vor Abschluss des Mietvertrags gesehen haben, da es vorkommen kann, dass die.. Artikel weiterlesen
Zahlreiche Kommunen und Nachbarschaftsverbände bieten Wohnraum gratis oder zu günstigen Monatsmieten an, um Städter auf das Land zu locken. Der progressive Wachstum der Städte seit den 50er Jahren und die Vernachlässigung der Agrarpolitik haben dazu beigetragen, dass immer mehr Menschen ihre Dörfer verlassen haben und in die Städte.. Artikel weiterlesen
Der spanische Tourismussektor boomtDas Jahr 2016 zeichnet sich als Rekordjahr für den spanischen Tourismussektor ab. Seit der gestiegenen Terrorgefahr in anderen beliebten mediterranen Reisezielen wie der Türkei, Ägypten oder Tunesien, reisen viele Urlauber bevorzugt nach Spanien. Der Verbund aus den wichtigsten Unternehmen des Sektor.. Artikel weiterlesen
Dass Deutsche in Spanien gerne sesshaft werden, ist nicht zu leugnen. Etwa eine halbe Million lebt angeblich auf der sonnigen Halbinsel, viele haben hier ein bleibendes Zuhause gefunden und Familien gegründet. Aber wer bleibt, will auch ein Nest bauen: laut Eurostat lebt mehr als die Hälfte der Deutschen in Einfamilienhäusern, wiederum.. Artikel weiterlesen
Der 1. Januar - ein Tag, an dem viele Menschen mit guten Vorsätzen in ein neues Jahr starten und Dinge in ihrem Leben verändern wollen. Doch manchmal ändern sich die Dinge auch ganz von selbst, ohne eigenes Zutun, ob man will oder nicht. So ist es vielen Kaufleuten in Spanien ergangen: Mit Beginn des Monats sind ihre Verträge ausgelaufen,.. Artikel weiterlesen
30.05.2025
28.02.2025
20.02.2025
07.02.2025
23.01.2025